Unsere Video-Podcast-Reihe zu neuer Musik gibt es auch als Audio-Podcast auf SoundCloud. Erklärt werden Besonderheiten der Spiel- und Kompositionsweisen sowie die Entstehungsbedingungen der Werke.
In der fünften Folge stellen wir den italienischen Komponisten Salvatore Sciarrino (geb. 1947) vor und sein Stück Muro D'Orizzonte aus dem Jahr 1997 ‒ auf Deutsch: Mauer des Horizonts.
Die Widersprüchlichkeit zwischen einer Begrenzung und der unendlichen Weite, die im Titel steckt, ist charakteristisch für Sciarrino. Seine Titelgebungen sollen das Publikum zum Nachdenken anregen. Und mit seinen Kompositionen möchte er seine Hörerschaft auf emotionaler, fast schon persönlicher Ebene erreichen.
Zur Klangwelt, die er entstehen lässt, gehören Atem- und Luftgeräusche ebenso wie perkussive Effekte. Letztere werden dadurch erzeugt, dass entweder Klappen der Blasinstrumente bedient werden oder die Zunge gegen die Mundstücke der Instrumente gerollt wird.
Ganz wichtig ist zudem die komponierte Stille. Durch viele Pausen macht dieses Stück das Schweigen wahrnehmbar und reagiert damit auf eine dauerbeschallte Umwelt. Die Tempobezeichnung, die Sciarrino notiert, ist vielsagend: Auf Italienisch lautet sie: "Lento, una quiete furiosa e crudele", auf Deutsch: "langsam, eine wilde und grausame Stille". Ja, es ist wirklich diese schwer auszuhaltende Stille, die zumindest die erste Hälfte des Stückes dominiert. Hören Sie rein!